Dolomitentour 2020

Wie in jedem Jahr, sollte es auch im Jahr 2020 wieder einen Erinnerungstour an meinen verstorbenen Sohn in die Südtiroler Dolomiten geben. In früheren Jahren haben wir jede Kurve, jeden Pass mit unseren Motorrädern befahren und das war für uns jedes Jahr das Highlight der Saison. Seitdem mein Sohn mit dem Motorrad verunglückt ist, besuche ich einmal jährlich die Dolomiten, um an die schönen gemeinsamen Tage zu denken.

Geplant war die Reise ursprünglich wieder für die Woche zwischen Himmelfahrt und Pfingsten, aber dann kam alles anders. Corona war auf dem Vormarsch und Europa (und der Rest der Welt) machte die Grenzen dicht, wir waren im Lockdown angekommen. Die Reise zur Erinnerung an meinen Sohn ist mir persönlich sehr wichtig, also hatte ich die Hoffnung auf den Herbst gesetzt und mein Plan sollte aufgehen.

Start war Samstag, der 3. Oktober

Geplant war, auf dem Weg in Richtung Italien noch einmal im Allgäu zu übernachten, da Tirol schon wieder Corona-Risikogebiet war und ich deshalb Österreich in einem Rutsch durchqueren wollte. Am Morgen, kurz vor dem Start erreichte mich die Nachricht von meiner Schwiegertochter (der Frau meines verstorbenen Sohnes), dass sie mit Ihrer Familie ein paar Tage Urlaub im Allgäu machte. Da es mir egal war, in welcher Ecke ich meine Pause einlegte, fuhr ich spontan nach Missen-Wilhams, und stellte mein Wohnmobil vor dem Baumchalet ab, in dem meine Schwiegertochter ihren Urlaub verbrachte. Wir verbrachten einen sehr privaten Abend im familiären Kreis, davon gibt es auch keine Bilder.

Tag 2, Sonntag, der 4. Oktober:

Ein schneller Blick in das Alpenportal zeigte mir, dass das Timmelsjoch wegen Wintereinbruchs gesperrt war, also nahm ich wieder einmal den Weg über den Reschenpass.

Jeder, der schon mal über den Reschenpass gefahren ist, kennt diese Kirchturmspitze, die aus dem See ragt

Es war ziemlich grau und neblig, so erreichte ich auch am Nachmittag den Jaufenpass, meinem ersten Ziel in den Dolomiten. Es war auf den letzten Metern kaum noch Sicht und es wurde immer kälter. Ich war froh, endlich die Passhöhe erreicht zu haben, denn zum Nebel setzte jetzt auch noch gefrierender Regen ein.

Ein Blick aus dem Fenster zeigte mir eine ziemlich trübe Aussicht

Mein Nachtquartier hatte ich wieder einmal vor der Panoramahütte auf dem Jaufenpass bezogen. Es war Zeit fürs Abendessen und auf jeden Fall für die Heizung im Wohnmobil, denn es wurde immer kälter.

Es gab Nudeln mit Schinken-Sahne-Soße

Tag 3, Montag, der 5. Oktober:

Ein Blick aus dem Fenster zeigte mir, dass ich Anfang Oktober tatsächlich im Winter angekommen war.

Der Winterdienst war aber schon unterwegs, nur hatte er mir erst mal meine Ausfahrt zugeschoben.

Das Wohnmobil hatte eine leichte Mütze bekommen

Gerade, als ich den Klappspaten aus der Heckgarage geholt hatte, um den Schnee vor dem Wohnmobil etwas zu beseitigen, kam der Fahrer des Streufahrzeuges zurück und sagte mir, ich könne den Spaten wieder einpacken.

In Windeseile war der Schnee weg und ich konnte losfahren
Da es noch fleißig weitergeschneit hat, war bei der Talfahrt die Straße zunächst noch leicht verschneit

Hier war ich wieder einmal froh über meine neuen Reifen (Ganzjahresreifen Conti Campervan 4 Seasons) und die Bergabfahrhilfe des Ducato. Nur 300 Höhenmeter tiefer war vom Schnee schon nichts mehr zu sehen. Nach einem kurzen Zwischenstopp am Euro-Spar in Sterzing, um noch ein paar Einkaufe zu erledigen, ging es über das Penser Joch komplett mautfrei in Richtung Gardasee.

Auch am Penser Joch lag Schnee, aber die Straße war gut geräumt

Am Gardasee war mein Ziel wieder einmal der Campingplatz „Ab&c Arco bed and camping“, einem kleinen Campingplatz mit Weingut.

Hier hatte ich bereits in den vergangenen Jahren immer mal wieder etwas Nachschub an Merlot geholt, so auch in diesem Jahr.

Das Wetter war inzwischen etwas besser, also ging es mit dem Fahrrad erst mal zu etwa 7km entfernten Gardasee.

Bei diesem herrlichen Panorama schmeckte das Gläschen Wein dann besonders gut 🙂

Tag 4, Dienstag, der 6. Oktober:

Mein heutiges Ziel sollten nach ein paar kleinen Umwegen, mit denen ich besondere Erinnerungen verbinde, wieder einmal die Drei Zinnen sein. In den vergangenen Jahren war ich ja vom Pech verfolgt und ich konnte bisher noch nie bis hoch zum Parkplatz am Rifugio Auronzo fahren. Diese Jahr war mir das Glück aber wohl gesonnen, die Straße war geöffnet und obwohl der Himmel komplett zugezogen war, versprach der Wetterbericht für den nächsten Tag gutes Wetter. Also versuchte ich mein Glück und fuhr zum ersten Mal hinauf zu den Drei Zinnen.

Oben angekommen war erst mal nicht viel zu sehen

Es gab noch ein schnelles Abendessen und anschließend durfte der Fernseher mit Netflix mal für die Abendunterhaltung sorgen.

Tag 5, Mittwoch, der 7. Oktober:

Ein schneller Blick aus dem Fenster zeigte mir, dass der Wetterbericht nicht gelogen hatte, das Wetter wurde tatsächlich besser.

Nach einem schnellen Kaffee habe ich mich dick eingepackt, um zu Fuß die Gegend zu erkunden.

Das Panorama war einfach atemberaubend schön

So schön das Panorama auch war, es musste trotzdem weiter gehen. Mein Weg führte mich über den Passo Giau…

Auch mit diesem Ort verbinde ich besondere Erinnerungen

… wo es erst einmal eine ordentliche Brotzeit gab 🙂

… und den Fedaja-Stausee,

… das Sellajoch

… nach Antermioa am Würzjoch.

Trotz Parkverbot für Wohnmobile bekam ich von den Inhabern des Hotels die Erlaubnis zum Übernachten

Wer meine früheren Reisen verfolgt hat, weiß dass ich mit diesem Ort ganz besondere Erinnerungen verbinde. Hier war der Start vieler, schöner Motorradtouren mit meinem Sohn. Dieses Hotel diente uns einige Jahre als Basislager für unsere Touren, bevor ich mir das erste Wohnmobil zugelegt hatte. Aus diesen Jahren kenne ich die Inhaber des Hotels natürlich persönlich und bekam deshalb auch die Erlaubnis, auf deren Hotelparkplatz zu übernachten.

Dieser Tag war kein gewöhnlicher Tag, heute jährte sich der Todestag meines Sohnes zum vierten mal. Deshalb habe ich diesen Ort als Nachtquartier ausgewählt, um am Abend im Hotel das Abendessen einzunehmen und gemeinsam mit dem Wirt über alte Zeiten zu sprechen.

Nach dem Essen machte ich das, was mit meinem Sohn schon Tradition hatte, wenn wir von einer schönen Tour zurückgekommen waren:

In Gedenken an meinen lieben Sohn trank ich unseren Lieblingsrum und rauchte eine Zigarre (obwohl ich sonst Nichtraucher bin)

Den Rest des Abends verbrachte ich dann allein im Wohnmobil, schaute mir Fotos vergangener Zeiten an und dachte an mein Kind, dem ich heute wieder besonders nah war.

Tag 6, Donnerstag, der 8. Oktober:

Durch Zufall habe ich erfahren, dass ein Freund von mir mit seiner Familie gerade Urlaub in Vierschach bei Innichen machte. Was lag also näher, als mal auf einen Kurzbesuch vorbei zu fahren. Mein Weg führte mich über den Valparolapass,

Dieses Museum erinnert an den ersten Weltkrieg…
… und bietet eine herrliche Aussicht

… den Falzaregopass

… und das Pordoijoch

… nach Vierschach.

Mit der Seilbahn ging es hinauf zur Hahnspielhütte, wo ich meinen Freund mit seiner Familie traf. Wir genossen die herrliche Aussicht bei einem kühlen Bierchen und plauderten ein wenig. Am Abend trafen wir uns noch einmal im Tal, um unsere Unterhaltung fortzusetzen. Dann sollte der letzte Abend in den Dolomiten auch schon vorbei sein.

Tag 7, Freitag, der 9. Oktober:

Der letzte Tag in den Dolomiten war gekommen und es war an der Zeit, den Heimweg anzutreten. Noch einmal warf ich einen Blick in das Alpenportal und stellte voller Freude fest, dass das Timmelsjoch gerade heute wieder geöffnet hatte. Also stand meine Route für die Heimreise bereits fest. Durch das Pustertal und die Brennerstraße ging es über Sterzing und noch einmal in entgegengesetzter Richtung über den Jaufenpass zum Timmelsjoch.

Vor der letzten Kehre lag doch tatsächlich eine Ziegenherde mitten auf der Straße. Die machten auch keinerlei Anstalten, sich zu bewegen, also musste ich mich Zentimeter für Zentimeter hindurchtasten 😉

Wie bereits auf der Hinreise wollte ich auf Tiroler Seite keine Pause einlegen, weil das Bundesland Tirol Risikogebiet war und ich nicht in Quarantäne gehen wollte. Also ging es nonstop weiter bis nach Nesselwang, wo ich auf dem Stellplatz an der Alpspitzbahn meine letzte Nacht verbrachte.

Tag 8, Samstag, der 10. Oktober:

Die letzte Etappe vom Allgäu nach Mittelhessen erfolgte ohne nennenswerte Pausen, vollkommen staufrei. Gegen Mittag habe ich das Wohnmobil zuhause in den Hof gestellt und ich begann sofort mit Ausräumen und Saubermachen. Das sollte die (vermutlich) letzte Fahrt des Jahres 2020 gewesen sein.

Fazit:

Auch in diesem Jahr war meine Dolomitentour wieder vollgepackt mit schönen Erinnerungen an vergangene Zeiten. Obwohl ich schon so oft in den Dolomiten war, entdecke ich immer wieder neue Dinge. So konnte ich dieses Jahr zum ersten Mal zu den Drei Zinnen hinauf und auch das Timmelsjoch kannte ich bisher noch nicht. Das liegt sicher daran, dass ich sonst immer um Himmelfahrt in der Gegend war und diese Straßen einfach noch Wintersperre hatten. In diesem Jahr hatte ich mir dafür das bessere Zeitfenster herausgesucht. Aber auch sonst sehe ich immer wieder Neues, da man mit dem Motorrad doch ganz anders reist und den Blick auf ganz andere Dinge richtet, als das im Wohnmobil der Fall ist.

Für mich steht fest, dass es auch in 2021 wieder nach Südtirol gehen wird. Das Zeitfenster halte ich mal noch offen, weil niemand weiß, was uns Corona bis dahin noch beschert. Vielen Dank fürs Mitreisen und bis bald mal wieder 🙂